Wenn man Menschen fragt, was sie eigentlich am Arbeitsplatz benötigen, oder an ihrem derzeitigen Arbeitsplatz ändern würden, um zufrieden zu sein, haben viele darauf eher schwammige Antworten. Fast alle wünschen sich „Spaß bei der Arbeit“ – wenn man dann allerdings nachhakt, was ihnen genau diesen Spaß bereite, kommen selten wirklich klare Vorstellungen ans Tageslicht. Ich glaube das liegt 1. daran, dass wir sehr festgefahren sind in der Vorstellung wie Arbeit „auszusehen hat“ und 2. wir uns genau aus dem Grunde selbst nie diese Frage ernsthaft stellen würden, ohne Punkt eins außer acht zu lassen. Kreativtechniker würden sagen, wir müssen uns erst von dem Problem entfernen, um es zu lösen. Da wir das aber im Alltag so gut wie nie tun, entstehen dann Aussagen wie die folgenden:
1. „Das ist eben Arbeit, das macht einfach nicht immer Spaß.“
2. „Naja, am Liebsten hätte ich ja einen 80%-Job, aber das geht nicht so einfach.“
3. „Ich hätte gerne so viel Urlaub wie ich möchte – ha ha.“
4. „Diese ganzen modernen und flexiblen Arbeitsmodelle funktionieren doch nicht in großen Unternehmen. Und das geht doch nicht in jedem Job so einfach.“
5. „Arbeit und Privates trenne ich lieber. Wenn ich daheim bin, will ich meine Ruhe.“
6. „Das sind doch Luxusprobleme!“
Mit vollstem Respekt für individuelle Ansichten erlaube ich mir jetzt einfach einmal ein paar Fragen zu stellen:
1. Hat irgendjemand gesagt, dass das Leben im Allgemeinen immer Spaß macht? Warum aber gehen wir bei der Arbeit viel mehr Kompromisse ein, als wir das in anderen Bereichen im Leben machen? Haben wir Angst, ersetzbar zu sein, unsere Familie nicht mehr ernähren zu können? Können wir das wirklich nicht zusammen ändern, indem wir für unsere Arbeit als individuelles Lebensmodell kämpfen, sodass wir produktiv und zufrieden gleichzeitig sind? Wo ist der Idealismus? Warum sind Menschen die etwas Gutes schaffen wollen, so oft gleich „Gutmenschen“?
2. Warum stellen wir nicht einfach die Frage, ob das grundsätzlich möglich ist, ohne sich faul oder unkonventionell zu fühlen? Wer sagt eigentlich, dass wir bei 100% mehr leisten, als in weniger Arbeitszeit? Warum setzen wir uns bei privaten Dingen wie z. B. Hausputz keine Zeit von vier Stunden fest und schrubben dann wenn wir nach drei Stunden fertig sind noch eine Stunde über die schon sauberen Flächen?
3. Warum fahren wir nicht dann in den Urlaub, wenn wir meinen, es sei notwendig? Oder andersrum: sind wir richtig am Platz in unserer Arbeit, wenn wir in Wirklichkeit in Gedanken im Urlaub sind, oder finden wir vielleicht gerade in diesem Urlaub die Lösung, nach der wir so lange in unserem Bürostuhl gesucht haben?
4. Schon einmal länger ernsthaft darüber nachgedacht, ohne zu urteilen? Falls ja, schön! 🙂
5. Warum wollen wir unsere Arbeit eigentlich aus unserem Privatleben so verdrängen wie traumatische Erlebnisse auch? Warum passt unsere Arbeit gefühlt nicht in unsere Wohnzimmer, wo die Wohnzimmer doch so gut zu uns passen?
6. Eindeutig! Aber Depressionen sind auch keine Lösung. Und das ist keine Frage.
In Wirklichkeit fliehen wir doch schon sehr oft vor dem Gedanken Arbeit. Wir arbeiten uns von Wochenende zu Wochenende, von Urlaub zu Urlaub und behaupten dabei gleichzeitig, wir würden unseren Job eigentlich schon ziemlich gut finden und anderswo ist es ja wahrscheinlich auch nicht besser. Eigentlich wahrscheinlich. Wir rechtfertigen uns vor uns selbst und bringen zu wenig Zeit und Mut auf, das regelmäßig zu hinterfragen. Dabei schreiben wir idealistische Sprüche auf Poster, Tassen und Kalender und platzieren sie überall, wo wir sie sehen können. Wir leben sie dann aber nur so halb, weil dit Leben is ja keen Ponyhof und so. OK, aber wo ist der Wille geblieben uns dahin zu bringen, wo wir hinwollen? Ich spreche nicht von Träumereien und Hirngespinsten und Zuckerwatte, auch nicht zwingend von sofortigen Jobwechseln und Rebellionen, sondern davon, gezielt, langsam und beständig auf das Leben und die darin eingebettete Arbeit hinzuarbeiten, wie wir es uns wirklich wünschen. Den Job, den wir uns erträumen, selbst mitzugestalten, gemeinsam für alle zu kämpfen und dabei auch noch Spaß zu haben. Mancher Coach würde an der Stelle dafür plädieren, nicht auf die Zukunft hinzuarbeiten, denn sie wird ohnehin nie eintreten, weil sie uns immer in der Gegenwart erreichen wird (klingt klug, ist es aber auch).
Vielleicht entfernen wir uns einfach einmal vom ursprünglichen „Problem“ „Arbeit“, indem wir in die Vergangenheit blicken. Zurück in die Kindheit, in der wir noch intuitiv gehandelt haben, mit Emotionen, ohne Vorbehalte. Was haben wir als Kinder wirklich gerne gehabt, was hat uns zum gackern gebracht? Was haben wir abgelehnt, wann waren die Krokodilstränen groß? Was hat sich geändert und warum? Was ist noch übrig von unserer Intuition? Und was hindert uns eigentlich noch wirklich wirklich daran, uns die Welt so zu gestalten, wie wir sie uns vorstellen?